Mein Jahr ohne Auto

Unser Mitglied Peter Krause berichtet von seinen Erfahrungen mit einer neuen Form der Mobilität

(aus unserem Flyer „Mein Ort“ Mai 2021)

Was habe ich da bloß angestellt?

Das war mein erster Gedanke, als ich mir die entstempelten Nummernschilder ansah. Mich überkam ein komisches, ängstliches Gefühl.

OK, ich hatte das Ganze ja schon länger geplant und auch gut durchdacht, aber jetzt, da es Realität geworden war, fühlte es sich schon seltsam an. Ich kann mich noch gut an diesen Tag erinnern.

Aber erst mal kurz zu meiner Person.

Ich heiße Peter Krause, bin 56 Jahre alt, verheiratet, drei Kinder. Zwei sind schon aus dem Haus und das dritte ist jetzt auch schon 16.

Mit 18 habe ich meinen Führerschein gemacht und es verging seitdem kein Tag, an dem ich kein Auto besaß. Bis zu diesem besagten Tag. Es war der 30.12.2019, als ich früh am Morgen mit dem Fahrrad und den Nummernschildern im Fahrradkorb zur Zulassungsstelle fuhr, um mein Fahrzeug abzumelden, und zwar endgültig. Ich wollte einfach privat kein Auto mehr besitzen. Die Gründe sind schnell aufgezählt:

  • Kosten/Nutzenrechnung (ich fuhr max. 5000 km im Jahr)
  • der Verkehr
  • die Umweltbelastung

Ich hatte in jeder Beziehung die Nase voll vom Autofahren. Nun muss man natürlich dazu sagen, dass ich in der glücklichen Lage bin und nur 8 km bis zu meiner Arbeitsstelle habe und meine Frau nur 6 km. Und wir beide fahren nun schon seit ca. zehn Jahren (Sommer wie Winter), bis auf wenige Ausnahmen, mit dem Fahrrad auf die Arbeit. Unser Auto war also mehr ein Stehzeug als ein Fahrzeug.

So reifte nach und nach der Gedanke, mal eine Auszeit von der motorisierten vierrädrigen Mobilität zu nehmen.

OK, der alte Daimler war auch schon mächtig in die Jahre gekommen und ich war froh, dass ich von einem Gebrauchtwagenhändler wenigstens noch 200 € bekam.

Überraschung: Es ist eine Befreiung!

Aus dem Jahr sind mittlerweile 16 Monate geworden und ich werde mir in absehbarer Zeit auch kein Auto mehr zulegen.

Ich fühlte mich – abgesehen von den ersten paar Stunden – vom ersten Tag an irgendwie befreit.

Ich muss seitdem keine Gedanken mehr verschwenden an so Dinge wie: Spritpreise, Versicherung, Steuer, Autowaschen (was ich sowieso nur einmal im Jahr gemacht habe), Reparaturen, TÜV, Mist, das Auto springt mal wieder nicht an, oh Mann, schon wieder Scheiben freikratzen und so weiter.

Schon verrückt, wie einen das Auto psychisch, physisch und finanziell in Beschlag nimmt.

Nicht alles ist immer einfach …

OK, zugegeben, man hat dann aber auch nicht die Freiheit, einfach mal spontan einen Ausflug in die Rhön zu machen. Solche Sachen bedürfen dann schon einer gewissen Planung.

Aber dafür gibt´s ja z. B. Car Sharing, Mietautos oder Bus und Bahn.

Aber wie gesagt, spontan ist dann halt nicht mehr.

Auch Arztbesuche in der Stadt müssen ein wenig besser geplant sein. Und wenn ich mit dem Bus dann eine halbe Stunde zu früh dran bin, „so what“, dann setz ich mich halt gemütlich in ein Café oder mach einen kleinen Schaufensterbummel.

Mit Auto wäre das eher so gelaufen: In letzter Minute aus dem Haus, in Schweinfurt mit der Parkplatzsuche rumgeärgert, abgehetzt angekommen und wenn du Pech hast und musstest beim Arzt mal wieder länger warten, dann gibt´s auch noch ein Knöllchen.

Wie funktioniert das organisatorisch?

Es hat ungefähr zwei bis drei Monate gedauert, bis wir uns an die neue Situation gewöhnt hatten, aber es war im Endeffekt leichter als wir dachten.

Dank Firmenleasing bin ich jetzt seit einem Jahr stolzer Besitzer eines E-Bikes. Das kann ich jedem nur empfehlen, der nur noch mit dem Fahrrad unterwegs sein will. Man kommt damit ziemlich schnell von A nach B. Ich behaupte sogar, dass ich zuweilen schneller mit dem Rad in die City gefahren bin als mit dem Auto. Wenn ich mit dem Auto zwei bis drei Rotphasen habe und vielleicht noch in den Feierabendverkehr komme, bin ich ganz sicher mit dem E-Bike schneller.

Wenn ich ein Fazit ziehen soll, so muss ich eindeutig sagen: Ich vermisse das Auto überhaupt nicht.

Im Gegenteil, denn wenn ich nur noch mit dem Rad unterwegs bin, schlage ich gleich drei Fliegen mit einer Klappe:

  • Ich lebe gesünder durch die viele Bewegung
  • Ich spare definitiv Geld
  • Ich schone gewaltig die Umwelt.

Natürlich kann nicht jede*r sein Auto einfach abschaffen. Viele sind auf ihr Auto angewiesen und können nicht darauf verzichten. Aber man kann sich jede Fahrt genau überlegen:

  • Ist die Fahrt überhaupt nötig?
  • Wenn ja, kann ich die Fahrt auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß erledigen?
  • Oder kann ich ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen?
  • Kann ich mit jemandem eine Fahrgemeinschaft bilden?

Damit ist schon viel gewonnen. Probieren Sie es aus. Die Natur wird es uns danken.

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